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Kirche

Einweihungsfeier am 22. Mai 2000

Fotos: Antonia-Werr-Zentrum GmbH

Um- und Neubau abgeschlossen - Einweihungsfeier am 30. Mai 2003

Der am 07.04.1997 begonnene Um- und Neubau des Antonia-Werr-Zentrums ist fertig gestellt und wurde am 30. mai 2003 feierlich eingeweiht. In der über 6jährigen Bauzeit wurden Gruppenhäuser und -wohnungen, Räume für die Inobhutnahme und den Jugendschutz sowie Apartments zur Verselbständigung neu- und umgebaut. Leitung, Fachdienste und die Verwaltung sind im generalsanierten Hauptgebäude untergebracht. Neu entstanden sind die Betriebsstätten für die Ausbildung in den Bereichen Hauswirtschaft, Gärtnerei und Damenschneiderei. Auch die von-Pelkhoven-Schule wurde generalsaniert und eine Turnhalle an Stelle des alten Gebäudes mit Schwimmbad und Turnhalle neu gebaut.
Weihbischof Helmut Bauer zelebrierte den Festgottesdienst und segnete im Anschluss daran die neuen Gebäude. Nach dem Festakt mit Frau Staatsministerin Christa Stewens war Gelegenheit, das Zentrum zu besichtigen.

Landwirtschaftliche Gebäude weichen Gruppenhäusern

Im ersten Bauabschnitt entstanden auf dem Gelände ehemaliger landwirtschaftlicher Gebäude fünf Gruppenhäuser, ein lichtdurch- fluteter Pavillon und dazwischen ein „Dorfplatz“ für Spiel und Begegnung im Freien. Erfreulich, dass der alte Baum- bestand erhalten blieb, denn in St. Ludwig wird die Natur bewusst in das pädagogische Angebot mit einbezogen. Erfreulich auch die klaren Linien der Architektur und erfreulich die ausgewählten Materialien mit viel Holz und warmen Farben. In jedem Haus leben acht Mädchen, von 4,4 Betreuerinnen im Tag- und Nachtdienst begleitet. Insgesamt sind es ca. 100 Frauen und Mädchen, die im vollstationären Bereich leben oder ambulante Hilfen erfahren.
An der Finanzierung des Projekts von 17,6 Millionen Mark beteiligten sich der Freistaat Bayern, die bayerische Landesstiftung, der Landkreis Schweinfurt, die bayerische Sparkassenstiftung, die Diözese Würzburg und nicht zuletzt der Förderkreis Antonia-Werr-Zentrum.

Vertrauen und Mut

Eröffnet hat den Weiheakt Bischof Scheele mit einem Fest- gottesdienst. Zur Jugend gesprochen, sagte er: „In St. Ludwig kann man viel lernen. Aber das Wichtigste steht nicht im Stundenplan, nämlich: Hab Vertrauen, hab Mut, so wie Antonia Werr es uns vorgesagt hat“. Auch Jesus stellte das Vertrauen seiner Jünger auf die Probe, so wie er es beim Sturm auf dem See mit Petrus getan hatte. Noch heute gilt: Man hat ein Ziel vor Augen, glaubt es zu erreichen, widrige Umstände drohen das Vorhaben zu vernichten. Vertrauen muss in uns umfassender und fester werden; das ganze Leben begleiten. Wörtlich: „Der Herr lässt uns nicht im Stich, nicht fallen, nicht zugrunde gehen“. Eingangs hatten Mädchen im Rollenspiel eine Szene mit Antonia Werr nachgestellt. Eine engagierte Musik- und Gesangsgruppe begleitete die Eucharistiefeier.

Baufrauenschaft und Powerfrauen

Beim Festakt im Theatersaal – wiederum von einer Mädchengruppe mit Bewegungskünsten eingeleitet – nannte Schwester Reginarda drei Gründe, weshalb der Teilabschnitt so festlich gesegnet werden sollte: „Wir wollen vorstellen, was wir bis jetzt mit Unterstützung aller erreicht haben; wir wollen viele an unserer Freude teilhaben lassen und wir wollen zeigen, was noch aussteht und der weiteren Unterstützung bedarf“. Letzteres hat Staatsministerin Barbara Stamm für die weiteren Bauabschnitte in Aussicht gestellt. Sie lobte in ihrem Grußwort die behutsam gewachsene kleine Siedlung, die in ursprünglicher Landschaft Mädchen schützt. Sie freute sich, dass sich aus einer „Besserungsanstalt“ ein Dienstleistungszentrum entwickelt habe und dass aus jungen „Leistungsempfängern“ Menschen werden, die Verantwortung für sich und ihr Leben übernehmen. Auf die heutige „Qualitäts-Unruhe“ eingehend, sagte sie: „Die Gründerin der Schwesterngemeinschaft von Oberzell hat sich noch nicht mit Qualitätsmanagement beschäftigt. Sie hat aber in ihrer Zeit Kriterien der Qualität von Jugendhilfe erkannt und zu ihrer Lebensaufgabe gemacht. Sie hat Orte der Begegnung geschaffen, wo Nöte, Interessen, Überlegungen und Gedanken von Frauen und Mädchen zur Sprache kommen und ausgetauscht werden können, wo Erfahrungen gemeinsamen Lebens möglich sind“. Jugendhilfe, so die Ministerin, könne nur dann auf die Lebensverhältnisse von Kindern, Jugendlichen und Familien reagieren, wenn regionale und ortsnahe Strukturen, wie Kirche, Staat und Bürgerengagement in ihrer Verantwortung für Menschen zusammenstehen.
Architekt Wiener spendete, statt des obligatorischen Schlüssels, 60 mobile wetterfeste Stühle für den Außenbereich. Er definierte sein Planungs- und Gestaltungskonzept: Inhaltlich gebe es dafür keine bessere Umschreibung als den auf Kommunikation angelegten Dorfplan mit Kirche, Gasthaus/Disco, Schulen, Arbeitsstätten, Häusern und Einrichtungen der Heilpädagogik und Betreuung mit Leben zu füllen. Möglichkeiten für Sport, Freizeit und Kultur fügen das Ganze zusammen. Der „Baufrauenschaft“ (Zitat Schwester Reginarda) zollte er Anerkennung für das wertvolle Gedankengut, das seine Planung beflügelt habe.
Landrat Harald Leitherer ging im Grußwort noch einen Schritt weiter: „Powerfrauen haben wir hier, von denen sich all diejenigen eine Scheibe abschneiden können, die durch die Gegend ziehen und von Emanzipation reden“, freute er sich. Im Antonia-Werr-Zentrum wehe ein Wind der Nächstenliebe, Menschlichkeit, Toleranz und Weltoffenheit. Der Landkreis sei stolz auf die Schwestern und ihre Institutionen.
Wer St. Ludwig und seine Schwestern kennt, weiß, dass solches Lob ehrlich ist.