Geschichte

Der Poststempel zeigt es an

Im Jahr 2001 feierte das Kloster St. Ludwig und die Abtei Münsterschwarzach das hundertjährige Bestehen von St. Ludwig. Die Poststelle der Abtei Münsterschwarzach entwertete von April 2001 bis zum Jahresende mit einem eigens für dieses Jubiläum entworfenen und von der Deutschen Post genehmigten Sonderstempel alle Briefmarken, die über das eigene Postamt die Abtei verlassen haben.
Der Ortsteil von Wipfeld, St. Ludwig, wird seit der Übernahme des ehemaligen Ludwigsbades durch die Missionsbenediktiner von St. Otillien so genannt. 1914 wurde von hier aus die Abtei Münsterschwarzach neu errichtet.
Am 22.Juli 2001 bei unserem traditionellen Sommerfest feierten wir im Antonia-Werr-Zentrum dieses Jubiläum zusammen mit den Benediktinern, schreiben doch die Oberzeller Fanziskanerinnen zusammen mit engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Antonia-Werr-Zentrums seit 1963 die Geschichte von St. Ludwig zukunftsorientiert fort.

Das Ludwigsbad und seine Quellen

Nachfolgend eine kleine Chronik von St. Ludwig:
Der Ursprung von St. Ludwig liegt in den hier vorkommenden Quellen. Schon 1810 ließ der Schultheiß von Wipfeld, Johann Nikolaus Müller, die in der näheren und weiteren Umgebung bekannten Schwefelquellen auf dem heutigen St. Ludwiger Grund fassen, um sie für eine größere Besucherzahl verwenden zu können. 1823 besuchte sogar die bayerische Königin Theresia Charlotte die Heilquellen. Ihr Gemahl König Ludwig I. gestattete, dass das aufstrebende Bad nach ihm als „Ludwigsbad“ benannt werden durfte.
1828 entstand ein dreistöckiges Kurhaus, das 1837 noch erweitert wurde. Von 1850 – 1880 soll das Bad jährlich bis zu 400 Kurgäste beherbergt haben. Auf Dauer aber erwies es sich zu klein. Die Staatsbäder Kissingen und Bocklet überflügelten das abgelegene Ludwigsbad, das mit der Zeit immer mehr herunter kam.

Neugründung eines Benediktinerklosters in St. Ludwig

Um die Jahrhundertwende richteten sich die Blicke der Benediktiner wieder stärker auf die alte Klosterlandschaft Franken. Sie fanden im alten Ludwigsbad einen geeigneten Stützpunkt und legten damit den Neuanfang benediktinischen Lebens in Franken. Das Ludwigsbad hatte eine nicht ganz 100jährige Geschichte hinter sich, als Missionsbenediktiner von St. Ottilien am 12. Juli 1901 den Kaufvertrag unterzeichneten.

Schon am 13.07.1901 zogen zwei Brüder in das ruinöse Anwesen, und schon am 30.August kamen 32 Jungen zu Fuß vom Bahnhof Waigolshausen, um in St. Ludwig ihre Ausbildung zu beginnen.
Die zwei Brüder konnten in den ersten Tagen nicht einmal kochen. Als die Schwestern in Wipfeld bemerkten, wie die beiden bei ihrer schweren körperlichen Arbeit herunter kamen, luden sie sie am Morgen nach der Messe zum Frühstück ein und gaben ihnen eine kalte Mahlzeit für den Tag mit. Die angekommenen Jungen hatten weder ausreichende Bettstellen noch Pulte, noch Kniebänke in der notdürftig eingerichteten Kapelle. Viele Strohsäcke lagen einfach auf dem Boden. Zum Sitzen dienten Wirtshausbänke aus der Kneipe, zu der das Ludwigsbad am Schluss heruntergekommen war. Wegen der üblichen Mainüberschwemmung trafen erst Ende Oktober Pulte ein, an denen die Schüler arbeiten konnten. Manchmal fiel nachts eine Tapete von den mürben Wänden und bedeckte die Schläfer mit Kalkstaub.

Wovon sich die etwa 40 Bewohner von „St. Ludwig“, wie sie den Platz inzwischen nannten, ernährten, bleibt rätselhaft. Die Ernte des Sommers 1901 gehörte laut Kaufvertrag dem alten Besitzer. Vieh gab es nicht. Die Chronik berichtet immer wieder, Bauern der Umgebung hätten Fuhren von Kartoffeln und Kraut gebracht. Das war offenkundig die Hauptnahrung. Erst im Oktober 1901 kamen vier Schweine, im Februar darauf die erste Kuh, wenig später die erste Gans, Hühner fehlten da immer noch. Ständig wiederholen sich die Klagen, dass der Backofen nicht funktionierte. Trotz allem hatten bis Sommer 1902 die Jungen ihr erstes Schuljahr überstanden. Die zwei einzigen Patres, die am 29. Juli 1901 angereist waren, hielten zusammen mit dem sich selbstlos einsetzenden und immer verfügbaren Pfarrer von Wipfeld nicht nur den ganzen Unterricht, sie ließen sich auch in einer im Rückblick nur als brutal zu bezeichnenden Weise an jedem Wochenende in den Kirchen der Umgebung zur Seelsorgshilfe ausbeuten. So verankerte sich die Neugründung in der Landschaft.

1902 wurde dann das ehemalige Bad zum Internat umgebaut und erhielt jene charakteristische Silhouette, die es bis zum Ende des Internats im Sommer 1963 behielt.
Doch für die Neugründung eines benediktinischen Klosters in Franken erwies sich St. Ludwig schon nach 12 Jahren zu klein. Die Mönche zogen nach Münsterschwarzach um. Am 16. April 1914 fand die Abtsweihe des ersten Abtes von Münsterschwarzach in St. Ludwig statt.
St. Ludwig blieb weiter die Ausbildungs- und Erholungsstätte der Benediktiner.
1920 wurde mit der Ausmalung der Kirche im Beuronerstil begonnen.
1924 wurde der Theater- und Turnsaal gebaut.

Schließung im 2. Weltkrieg

Im 2. Weltkrieg wurde das Schritt für Schritt Kloster St. Ludwig beschlagnahmt.
1938 durften keine Klosterschüler mehr aufgenommen werden.
1940 im Frühjahr wurde das Seminar ganz geschlossen.
1941 wurde das Kloster Münsterschwarzach und auch St. Ludwig aufgehoben.
1940/42 weilten volksdeutsche Umsiedler in St. Ludwig.
1943 brachte man hier die Gehörlosenschule von Würzburg unter.
1945 nach dem 16. März suchte die orthopädische Klinik, das „König Ludwighaus“ in Würzburg eine Ausweichstelle und fand sie in St. Ludwig.
Nach Beendigung des Krieges wurde St. Ludwig dem Eigentümer Kloster Münsterschwarzach wieder zurückgegeben und ab September 1946 konnte der Unterricht in drei Klassen wieder aufgenommen werden.
60 Jahre also, wenn man vom Terror der deutschen Reichsregierung in den 40er Jahren absieht, hat St. Ludwig seinen Beitrag geleistet zur Ausbildung von Missionsbenediktinern.
Von 1941 bis 1945 haben die Franziskanerinnen von Oberzell Abt Burkard ein Exil geboten, von dem aus er seinen offiziell aufgelösten Konvent zusammenhalten konnte.

Mädchenheim St. Ludwig - Antonia-Werr-Zentrum

Die Oberzeller Franziskanerinnen übernahmen 1963 St. Ludwig, als das Internat in die Abtei verlegt wurde.
In zweijähriger Bauzeit errichteten die Oberzeller Schwestern das Mädchenheim St. Ludwig, in das 1965 bereits eingezogen werden konnte. 1967 wurden Schulgebäude und Werkstätten errichtet.
1997 begann der Umbau und die Generalsanierung des Mädchenheims St. Ludwig, das seitdem „Antonia-Werr-Zentrum“ heißt. Diese Um- und Neubaumaßnahmen wurden mit der Einweihungsfeier am 30. Mai 2003 abgeschlossen.

Hilfen für Mädchen und junge Frauen

Die Schwestern und die Mitarbeiterinnen von St. Ludwig wollen heute im Geiste der Gründerin Antonia Werr mit gleichem Mut und Vertrauen Mädchen und junge Frauen für ihr Leben befähigen, wie die Benediktiner vor 100 Jahren ihre Arbeit mit den Jungen in schwieriger Lage begonnen haben.
Im Jahre 2005 beim Sommerfest am 24. Juli feierte das Antonia-Werr-Zentrum sein 40jähriges Jubiläum.
Die einzelnen Angebote im heutigen Antonia-Werr-Zentrum sehen Sie auf der Angebotsübersicht.

Sr. Alfriedes Richartz
Mit Auszügen aus Johannes Mahr: „Heute Morgen sahen wir bloß den Schmutz“
in: „Ruf in die Zeit“, Münsterschwarzach Februar 2001.